Beratung, Seelsorge, Coaching

Christliche Spiritualität: Sich zur Quelle führen

Ich bin als Leiter der Stiftung Gott hilft für gut 300 Leute operativ verantwortlich. Ich bin gerade 61 Jahre alt geworden und merke, wie für mich als Führungskraft meine Spannkraft etwas abgenommen und meine Dünnhäutigkeit zugenommen hat. Die christliche Spiritualität bewahrt mich vor dem Ausbrennen.

Datum
22. August 2019

Es gibt in den Psalmen eine erstaunliche Aussage darüber, wie jemand für sich gesorgt hat: „Fürwahr, ich habe meine Seele besänftigt und beruhigt; wie ein entwöhntes Kind bei seiner Mutter, wie ein entwöhntes Kind ist meine Seele ruhig in mir“ (Psalm 131. 2). Wie hat das diese Person fertig gebracht, innerlich so gelassen zu werden? Durch ein Beruhigungsmittel, indem sie sich gut zuredet, eine Zigarette raucht? Die Feststellung der Person, dass sie gut runtergefahren ist, macht sie im Zusammenhang mit der Erwähnung Gottes. Sie empfiehlt sogar ihren Landsleuten, auf Gott zu fokussieren: „Harre, Israel auf den Herrn.“ Offenbar hat die christliche Spiritualität das Potential, uns in die Ruhe zu führen. Die Stille vor Gott, stillt. Er ist die Quelle, aus der alle Qualität, eben auch die einer beruhigten Seele entspringt.

Quelle, aus der alles Leben quillt

Das Rauschen eines Bergbaches, dem man sich hingibt, beruhigt. Ebenso wenn man am Strand dem Rollen den Meereswogen zuschaut und zuhört. Damit vergleichbar, wenn auch auf einer anderen Ebene, ist das Stillwerden vor Gott. Wir schliessen die Augen und lassen alle Sinneseindrücke, Gedanken und Gefühle, die einen bewegen, für einen Moment los. Wir öffnen uns Gott. Wir laden ihn ein: „Erfülle mich mit deiner Liebe, mit Hoffnungskraft und Freude.

Keine Psychotechnik

Wenn wir so beten, strecken wir Gott unsere Hände hin und überlassen es ihm, wie er sie füllt. Wir erzwingen nichts und lassen es geschehen. Mir merken vielleicht, wie sich eine innere Spannung löst. Vielleicht kehrt Friede und Ruhe in unser Herz ein. Möglicherweise geschieht auch gar nichts. Und das ist auch gut so, die Ruhepause vor Gott hat trotzdem gut getan: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe geben“, lautet die Einladung Jesu.

Ora et labora

Solche Ruhepausen vor und mit Gott habe eine ähnliche Wirkung wie ein „powernap“: Sie verhelfen uns zu innerer Stärke und zur Sammlung des inneren Menschen. Dann aber ist wieder Arbeit angesagt: Wir arbeiten dann aus einer solchen Stille heraus konzentrierter und aufmerksamer, weniger angetrieben, gelassener. Gott ist da und wartet auf uns. Die Quelle fliesst. Aber es ist unser Part, Teil unserer Selbstführung, die Quelle aufzusuchen. In der christlichen Spiritualität ist liegt die Ressource ganz bei Christus: „Ich werde dem Dürstenden von der Quelle des Lebenswassers zu trinken geben, umsonst.“ Trinken jedoch müssen wir selber.

Christliche Spiritualität: Sich zur Quelle führen

Es gibt vielfältige Formen, zu beten. Eine Form ist das stille Aufschauen zu Gott und das Verweilen in seiner Gegenwart. Wir können das für einige Momente mitten im Alltagsstress tun: am Kopierer, wenn wir auf den Bus warten oder den PC starten. In solchen Momenten spüren wir unsere Lebendigkeit und Gott, das Geheimniss allen Lebens. Christliche Spiritualität ist nicht Flucht aus dem Leben, sondern führt uns mitten hinein.